Ein Männerproblem

Die Gesellschaft, in der es plötzlich auftauchte, dies aktuelle gewisse Männerproblem“, war durchaus seriös. Es waren sogar Damen darunter, was gerade gewisse Männerthemen verhindern sollte. Aber je mehr diese Welt Themen unterdrückt und vermeidet, desto sicherer brechen sie durch.

So auch die modernen Schildchen an modernen Sanitäranlagen, die sich an moderne Männer wenden: „Bitte nur im Sitzen!" Die unterschiedlich detaillierten Begründungen für diese Appelle zum Sitzen bei Geschäften grundsätzlich aller Art mündeten in eine zentrale Botschaft: Es darf in dieser leistungsorientierten Gesellschaft einfach nichts mehr danebengehen! Nichts! Schon gar nicht das!

Die männlichen Gäste und der Gastgeber auf dieser - ich versicherte es schon: zweifelsfrei seriösen Gesellschaft hatten schon alle Erfahrungen mit diesem Problem: Heutige Toilettenräume sind überwiegend nicht annähernd so modern wie die Botschaften an die Männer auf jenen Schildern.

In älteren Schulgebäuden, in renovierten Hotelbauten, in rustikalen Jugendherbergen waren die gewissen Räume gebaut worden, als ein Mann noch als Idealgröße galt, wenn er mittelgroß, also zirka 1,72 (so wie ich) lang war. Durch die Kalzium-Fresserei (u. a.) sind nun die nachfolgenden Männergenerationen in die Höhe geschossen

Die früheren Idealmaße sind „smal" und nicht nur ältere Hotelbetten sind eine Qual für diese langen Kerle von heute. Kein Mann unter 40 von heute kann im Schloss Roche sur Linotte in Frankreich oder in den Klos der Altstadt-Kneipen von Celle oder Straßburg oder einer Naturwanderer-Herberge unserer Heide jenen Schildertexten folgen: Bitte immer setzen! Anatomisch unmöglich.

Auf halbem Wege, so wurde auf der Gesellschaft berichtet, bleiben diese langen Kerle, die gehorsam in die Knie gehen, klemmen. Uns, die früheren Idealmaße, die inzwischen unter smal laufen, trifft das gewisse Männerproblem von heute nicht, aber wir solidarisieren uns natürlich mit den Langen unter uns!

Ich muss auch Abbitte tun: Wahrscheinlich sind die Männer an Autobahn- und Straßenrändern, die da einfach ohne Sitzen geschäftig sind, nur in Nöten mangels sitzgeeigneten Toiletten. Die breit angelegte Diskussion jener seriösen Gesellschaft streifte auch die bayerischen und niedersächsischen Plumpsklos (die mit den Herzchen), weil sie sich als besonders unmöglich für die Befolgung des Sitzbefehls erwiesen.

Doch da kam Fritz, dem Schwager des Gastgebers jene Idee: Selbst kleinste Örtchen könnten dem modernen langen Manne seinen modernen Sitz ermöglichen, wenn unten zwei weitere Herzchen gesägt würden. In ungefährer Kniehöhe und natürlich sehr viel größer als das obere Herzchen. So könnten die Langen von uns die Knie durchstecken. Und von außen ließe sich zudem kontrollieren, ob der Mann da drinnen sich modern verhält.

Damit ja nichts daneben geht.

 

21.08.2001